DB InfoPoint

Der neue Infopoint als menschzentrierter Mittelpunkt des Bahnhofs

Deutsche Bahn

Die DB Station&Service AG betreibt die deutschen Bahnhöfe und die Infopoints sind wichtige Touchpoints. Hier treffen die meisten KundInnen das erste Mal auf Servicemitarbeiter. Umso wichtiger also, die Kontakt- und Serviceangebote entlang der Bedürfnisse der NutzerInnen – KundInnen wie MitarbeiterInnen – zu entwickeln. So geschehen beim Infopoint 4.0, einem Design-Thinking-Leuchtturmprojekt der DB Station&Service AG.

Ausgangspunkt: Ein zentraler Info-Knotenpunkt wird neu gestaltet

Viele Menschen kennen die Situation: Man ist am Bahnhof, braucht dringend eine bestimmte Information, hat vielleicht sogar einen Zug verpasst. Ist der Servicepoint erreicht, geht der Blick erst zur langen Warteschlange und dann zur Uhr. Eine Situation, die für die Menschen auf beiden Seiten des Infopoints anstrengend sein kann. Davon ausgehend, nahm sich ein Projektteam unter der Leitung von Andreas Bürgler, Leiter Operations bei der DB Station&Service AG, das Re-Design des DB Infopoints zur Aufgabe. Das Projektteam wendete dabei den Innovationsansatz Design Thinking an.

Den Kick-Off hatte das Projekt –  als eines unter zahlreichen Innovationsprojekten – auf einem Workshop der HPI Academy mit 200 TeilnehmerInnen. Für alle Beteiligten, auch das HPI Academy-Team, war ein Workshop dieser Dimension Neuland, so Lead Coach Flavia Bleuel: „Da wir das Buy-in der Führung hatten, wollten wir die DB Manager unbedingt in den Workshops als Coaches integrieren. In einem Führungskräfte Workshop und Train-the-Trainer haben wir sie als Assistenz-Coaches fit gemacht. Und dann brachten wir 200 DB Mitarbeiter mit dem Thema Design Thinking in Kontakt. Wir sind mit 33 Teams und 30 Coaches in sechs verschiedene Aufgabenstellungen eingetaucht.“ Die sechs Aufgabenstellungen bezogen sich zur einen Hälfte auf Service-Erlebnisse von Reisenden an Bahnhöfen und zur anderen Hälfte auf interne Herausforderungen. Im Folgenden gehen wir auf die Entwicklung des DB Infopoints 4.0 ein.

Aha-Momente: Die Entwicklung des Infopoint 4.0 als Ko-Kreation

Der unmittelbare Kontakt zu NutzerInnen war anfangs eine ungewohnte Herausforderung. Doch schnell machte das Team während der explorativen Feldforschung wertvolle Beobachtungen: Viele KundInnen stellten häufig die gleichen einfachen Fragen. Die langen Schlangen an den Info-Points bildeten sich, weil viele bürokratische Prozesse analog waren und viel Zeit kosten. Diese Punkte sollten später direkten Einfluss auf das Design des Infopoints haben.

Andreas Bürgler sieht es als besondere Stärke von Design Thinking – „an Themen zu arbeiten, die für die Anwender interessant sind und schnell einen Prototyp zu bauen um dabei sofort zu erkennen, was funktioniert und was nicht“. Nach ersten Papier-Prototypen reichten die traditionellen Büroräume nicht mehr aus, um einen 1:1 Prototypen für einen Info-Point zu bauen und zu testen. Das Projektteam zog in ein leeres Bahnhofsgebäude in Berlin-Wannsee.

Hier führten sie Workshops mit verschiedenen Nutzergruppen durch, um deren Bedürfnisse besser zu verstehen und die Prototypen kontinuierlich zu testen und zu verbessern: z.B. mit Familien, Viel-Reisenden, DB Service-MitarbeiterInnen und verschiedenen Verbänden z.B. für Rollstuhlfahrer und Gehörlose.

Zudem erkannte das Team, dass es für hochauflösende Prototypen hilfreich ist, Profis hinzuzunehmen. So beauftragte Andreas Bürgler einen Bühnenbildner der Deutschen Oper, um direkt nach jedem Testdurchlauf iterierte Prototypen zu bauen und das Feedback direkt in Verbesserungen umzusetzen.

Das Team präsentierte schließlich die Version des Prototypen auf der DB Product Conference, einer jährlichen Veranstaltung, bei den die Deutsche Bahn der Presse und Öffentlichkeit neue Produktentwicklungen zeigt. „Ich habe hier etwas Interessantes erlebt, das ich unterschätzt hatte,“ erinnert sich Bürgler. Das Designteam führte Nutzertests durch und schloss den Infopoint zwischen den Tests – was zu negativen Reaktionen von Seiten des Unternehmens führte, das sich über die Ruhephasen beschwerte. „Mir wurde klar, dass ich vergessen hatte, das Unternehmen und den Vorstand auf diesem Weg mitzunehmen – um zu erklären, was es bedeutet, mit Prototypen zu arbeiten oder Live-Prototyping zu machen.“ Viele Menschen hatten den Eindruck, dass sie ein fertiges Produkt betrachteten, das ständig zugänglich sein müsse.

Impact: Ein Möbelstück, das lebt

Es wurden 8 Prototypen entwickelt und 2019 wurde der erste Infopoint 4.0 auf dem Nürnberger Bahnhof aufgestellt. Das Projekt befindet sich in der Roll-out-Phase. Bis Ende 2020 wird der Infopoint an hundert weiteren Bahnhöfen aufgestellt. Für Andreas Bürgler sind zwei Aspekte des fertigen Service-Produktes besonders wichtig. Erstens: Auf der linken Seite ermöglicht eine Absenkung das Gespräch mit Rollstuhlfahrern auf Augenhöhe. Während des Design-Thinking-Projektes lernte das Projektteam, wie wichtig es ist, eine Möglichkeit zu schaffen, die Kommunikation bei einem normalen Tischaufbau auf gleicher Höhe ermöglicht. Zweitens: Der Service-Point kombiniert einen Selbstbedienungsbereich und große Info-Displays mit Unterstützung durch die Mitarbeiter. Die Kunden haben die Wahl, sich eigenständig zu informieren oder an den Infopoint zu gehen, um von den Mitarbeitern Unterstützung zu erhalten. Auch das frühe Einbinden von MitarbeiterInnen in die Nutzertests war sehr wertvoll, denn es führte zu einer größeren Akzeptanz der erarbeiteten Lösung. Eine Mitarbeiterin war sogar gerührt, dass ihr Vorschlag in die finale Version des Infopoint integriert wurde. Neben dem Bedarf an Klebezetteln ist auch die Bereitschaft im Team gestiegen, neue Projekte mit interdisziplinären Teams anzugehen, so Andreas Bürgler: „Im Moment machen wir es ‚von der Hand in den Mund‘ – wir müssen immer finanzielle Mittel für die Produktentwicklung anfordern. Wir sind noch nicht so gut aufgestellt, wie wir es sein sollten.“ Zum Glück ist Andreas Bürgler mit seinen Ambitionen bei der Deutschen Bahn nicht allein: „Es gibt einen Club namens ‚Querdenker/Andersmacher‘, und der Name ist Programm. In diesem Club tauschen sich Mitarbeiter und Führungskräfte aller Ebenen aus, die durch ihre Projekte oder Ideen auf sich aufmerksam gemacht haben.“ Man darf also gespannt sein, welche weiteren menschzentrierten Innovationen der DB in der Zukunft von sich reden machen werden.